Wohnhaus Stolper Straße 47
Wohnhaus Stolper Straße 47
Dieses Haus zeichnet sich aus architektonisch-bautechnischer Sicht durch seine besondere Dachkonstruktion in Form eines Spitztonnen-Dachs aus. Die Grundform des Tonnendachs zählt zu den ältesten Dachbauformen überhaupt. Unterscheiden kann man dabei das Rundtonnen-Dach und das Spitztonnen-Dach. Bild 1 zeigt zum Vergleich ein Rundtonnen-Dach im benachbarten Berlin-Hermsdorf in der Berliner Straße (B 96) und belegt an diesem modernen Gebäude, dass Architekten heute noch manchmal auf diese Dachform zurückgreifen.
Auch die in den 1990er Jahren in der Glienicker Schönfließer Straße errichteten Mehrfamilienhäuser lassen abgewandelte Formen des Rundtonnendachs erkennen (siehe Bild 2). Das Rundtonnen-Dach kommt vorwiegend bei Industriebauten zum Einsatz, während das Spitztonnen-Dach wegen seiner architektonisch gefälligeren Form bei Wohnhäusern zu finden ist.
In der Notzeit nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der sich abzeichnenden Weltwirtschaftskrise herrschten Wohnraum- und Materialmangel. So erfolgte in den 1920er Jahren eine Renaissance des Spitztonnen-Dachs im Hausbau, weil im Vergleich zu anderen Dachformen im Dachboden ein größerer Wohnraum entsteht. Hinzu kommt wegen des aus statischen Gründen geringen Aufwandes für den Dachstuhl eine wesentliche Materialeinsparung an Bauholz. Nicht unerwähnt bleiben soll als Kosten senkender Faktor die Verkürzung der Bauzeit für das Dach. Auch in Glienicke entstanden in der Zwischenkriegszeit aus den eben genannten Gründen Wohnhäuser mit einem Spitztonnen-Dach, wie es zum Beispiel in der Stolper Straße 47 zu finden ist (siehe Bild 3).
Erbaut wurde es im Zeitraum 1928/29 nach Plänen des Architekten Gustav Braun aus Berlin-Tegel. Als Bauherr wird ein Gustav Laux genannt. Ein weiteres Wohnhaus aus dieser Epoche befindet sich in der Hauptstraße 50 (siehe Bild 4). Hier erkennt man schon äußerlich sichtbar vergleichsweise zu anderen Dachformen das größere zur Verfügung stehende Wohnraumvolumen im Dachgeschoss.
Die architektonisch-bautechnischen Merkmale im Zusammenhang mit den historischen Bezügen in den 1920er Jahren - und, weil heute nach etwa einem Jahrhundert nur noch wenige Häuser solcher Art Beispiel gebend aus dieser Zeit existieren - waren bestimmend dafür, das Haus Stolper Straße 47 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg aufzunehmen.
Fotos und Text: Joachim Kullmann