Historische Daten
Archäologische Funde in Form von Stein- und Bronzewerkzeugen, Gefäßscherben, Urnen sowie Feuerstellen auf dem heutigen Ortsgelände und seiner Umgebung belegen, dass die heutige Gemarkung Glienicke schon vor Jahrtausenden besiedelt war. Den Funden ist beachtliche archäologisch-historische Bedeutung beizumessen - sie werden im Märkischen Museum Berlin und im Kreismuseum Oranienburg aufbewahrt.
Erstmalig findet 1412 der Ort Glyneck in brandenburgischen Lehnsregistraturen des Markgrafen Friedrich I. von Hohenzollern urkundliche Erwähnung: mit viereinhalb Bauernhöfen und 600 Morgen Land.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde das kleine Bauerndorf zerstört. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu einer nennenswerten Wiederbesiedelung der Ortslage. Der Große Kurfürst gab dem Hauptmann von Oranienburg die Order, einen Krug in Verbindung mit einer Bauernwirtschaft errichten zu lassen. So entstand um 1670 der "Sandkrug", der auch in Fontanes "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" Erwähnung findet. Der napoleonische Einfall ab 1806 und der Rückzug der französischen Truppen 1813 brachten dem Ort nochmals viel Beschwernis. Kaiser Napoleon soll sich damals im benachbarten Stolpe und in Dammsmühle bei Mühlenbeck aufgehalten haben.
Die zunehmende Einwohnerzahl verlangte entsprechende kommunale Einrichtungen: 1847 entstand das erste Schulgebäude, 1865 eine neue Kirche und 1894 eröffnete man eine "Posthülfsstelle". Im Jahr 1899 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet, der erste Fernsprechanschluss ging 1904 in Betrieb, seit 1905 gibt es eine Gemeindebibliothek und seit 1926 eine Sparkassenfiliale. 1932 weihte man das Rathaus ein und 1939 eröffnete das Filmtheater "Olympia".
Entscheidende Prägung erhielt der Ort durch seine Lage am nördlichen Berliner Stadtrand mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Berlin-Oranienburg-Neubrandenburg im Jahre 1877, der so genannten Nordbahn. Durch diese Verkehrsanbindung begünstigt, parzellierten die Glienicker Bauern und die von Veltheims aus Schönfließ große Teile ihres Landbesitzes. Der bäuerlich-dörfliche Charakter des Ortes wandelte sich daher zu einer typischen Stadtrandgemeinde mit Wohnhäusern und Wochenendgrundstücken für die Stadtbewohner des nahen Berlins.
Die Kaiserzeit, der Erste Weltkrieg, Inflation, Weimarer Republik und Weltwirtschaftskrise sowie die faschistische Hitlerzeit mit dem Zweiten Weltkrieg hinterließen in Glienicke Spuren wie in Deutschland allgemein als auch im weltgeschichtlichen Maßstab. Trotz der unmittelbaren Nähe zu Berlin waren während des Zweiten Weltkrieges durch Luftangriffe nur relativ wenige Schäden entstanden, die in der Zeit von 1940 bis 1945 zwölf Menschen mit ihrem Leben bezahlen mussten. In der Nacht vom 21. zum 22. April 1945 marschierte die Rote Armee ohne Kampfhandlungen in Glienicke ein.
Die direkte Grenzlage zu Berlin (West) beeinflusste Ortsbild und Ortsgeschehen durch Grenzsperrmaßnahmen ab 1952 und insbesondere den Mauerbau ab 1961 in bedrückender Form. Während der DDR-Zeit entstanden als größere kommunale Bauten 1968 ein Wohnblock (Hauptstraße), 1969 das inzwischen abgerissene Kulturhaus, 1975 das gleichfalls abgerissene Einkaufszentrum (Kaufhalle) und 1979 ein weiteres Schulgebäude.
Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung Deutschlands veränderte sich die Gemeinde zusehends. Dazu trug zunächst die vollständige Wiederherstellung der durch den Mauerbau unterbrochenen Straßenanschlüsse nach Berlin bei. Entscheidende infrastrukturelle Verbesserungen entstanden zudem mit dem Bau einer zentralen Abwasserkanalisation, der Verlegung des Erdgas- und der Erneuerung des Elektrokabelnetzes, mit der Anlage eines flächendeckenden Telefonnetzes sowie der Straßenerneuerung einschließlich Straßenbeleuchtung.
Insbesondere mit dem "Sonnengarten" und der "Glienicker Spitze" entstanden neue Wohngebiete und Einkaufsmöglichkeiten, so dass die Einwohnerzahl von etwa 4.500 im Jahr 1990 auf heute mehr als 12.000 kontinuierlich anstieg - ein quantitativ und qualitativ herausragender Sprung in der bisherigen Entwicklung Glienickes. Im Jahr 2012 beging die Gemeinde Glienicke/Nordbahn in Form vielfältiger feierlicher Veranstaltungen ihr 600-jähriges Bestehen.
Autor: Joachim Kullmann, Ortschronist Glienicke/Nordbahn